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Die 4 Kontaktstellen
Wird das Vertrauen des Pferdes über einen visuellen, olfaktiven und kinästhetischen Kontakt gewonnen. Wenn ich meine Hand flach auf den Pferdehals lege, wird sich das Pferd durch diese konstante Präsenz beruhigt fühlen. Wenn ich meine Hand jedoch anhebe und mehrmals nacheinander wieder auflege, wird das Pferd den Moment abwarten, zu dem der Kontakt wieder hergestellt wird, ohne zu wissen, ob er für es angenehm sein wird oder nicht.
Im Sattel ist das genauso. Wenn Sie dazu neigen, mit durchhängenden Zügeln zu reiten, wird das Pferd den Moment fürchten, zu dem Sie den Kontakt zu seinem Maul wieder aufnehmen und es einen Ruck zu spüren bekommt.
Ohne Kontakt wird die Kommuni-kation unterbrochen. Das Pferd fragt sich, was es tun soll. Es hat die Freiheit, selbst zu wählen, und die falsche Wahl zu treffen, wofür es sein Reiter unverzüglich sanktionieren wird. Die Pferde hassen diesen Kommunikationsmangel.
Auf diese Weise verlieren sie ihr Vertrauen.
Für die gute Kommunikation benötigt das Pferd ständigen Kontakt. Das heißt, eine beruhigende Präsenz, anhand derer es für die Aufforderungen seines Reiters empfänglich bleiben kann.
Der Kontakt äußert sich in Form eines ganz leichten Schenkeldrucks... nur wenige Gramm! Durch einen zu starken Druck wird das Pferd gestört, und seine Bewegungsmöglichkeiten werden eingeschränkt.
Alles ist eine Frage der Dosierung. Zwischen am Sattel festgeschraubten Beinen und auf den Flanken schlenkernden Beinen muss der Reiter wieder einmal «den goldenen Mittelweg» finden, wobei die Lösung in der feinen Abstufung liegt.
Der Kontakt erfolgt über die Beine (Gesäß, Oberschenkel und Waden) und die Hände mittels der Zügelverbindung zum Maul. Darum ist es für den Reiter sehr wichtig, fest und stabil in seiner Haltung zu bleiben und das zu erlangen, was man als Unabhängigkeit der Hilfen bezeichnet. Das heißt, er muss ein Bein oder eine Hand bewegen können, ohne dass dies ungewollte Auswirkungen auf einen anderen Körperteil hat.
Ich spreche von den «4 Kontaktstellen»: Beide Schenkel und beide Hände. Dabei handelt es sich um die Kommunikationsrelais zwischen dem Reiter und dem Pferd.
Die 4 Kontaktstellen lassen sich mit «4 Türen» vergleichen, die geöffnet oder geschlossen werden, um die Energie nach vorne zu kanalisieren. Wenn der Reiter Energie in den Hinterbeinen (Motor) braucht, werden die Schenkel in Aktion treten und den Druck erhöhen, der von wenigen Gramm auf einige Kilo ansteigt. Ein normal ausgebildetes Pferd muss die Aufforderung seines Reiters verstehen.
Ebenso hat der Kontakt zum Pferdemaul mit sehr geschmeidigen Fingern zu erfolgen, wobei die Armgelenke frei von jeder unnötigen Spannung sind. Das Pferd reagiert auf die geringste Versteifung oder Spannung... sein Vertrauen in die Reiterhand ist sehr fragil.
Es muss unbedingt erhalten werden, und es ist vor allem der natürliche Reflex zu vermeiden, der darin besteht, sich an den Zügeln festzuhalten und die Hände rückwärts zu bewegen. Der Reiter muss es im Gegenteil lernen, die Hände vorzuschieben, ohne seine Haltung zu verändern, und zwar
unabhängig von den Bewegungen des Pferdehalses: Über dem Sprung, beim Zulegen im Galopp... oder jedes Mal, wenn sich das Pferd nach der Arbeit
in «geschlossener» Haltung dehnen können muss.
Der Kontakt wird für das Pferd wesentlich feiner und angenehmer sein, wenn der Reiter mit leicht aus-einanderstehenden Händen arbeitet, und zwar mindestens 25 cm, oder in manchen Fällen sogar wesentlich mehr (vgl. Kapitel 8).
Ebenso dürfen Sie in Wendungen und bei Biegungen nicht zögern, auch die äußere Hand vorzuschieben.
Um einen gleichbleibenden Kontakt zu behalten, stellen Sie sich vor, mit elastischen Zügeln zu reiten, die den Ausgleich der Spannungsänderungen ermöglichen. In Wirklichkeit wird für diesen Ausgleich durch Ihre Arme gesorgt, indem sie sich nach vorne bewegen.
Sie können sich auch vorstellen, dass sich am Ende Ihrer Zügel nur ein Gebiss befindet, und sonst nichts, um es zu halten. Keine Backenstücke nur der leichte und weiche Kontakt zum Maul, den Sie selbst herstellen. Wenn Sie den Kontakt abreißen lassen, fällt das Gebiss heraus... und die Kommunikation mit dem Pferd wird unterbrochen.
Merken Sie sich, dass der Kontakt eine Art beruhigenden Rahmen darstellen muss, innerhalb dessen sich das Pferd vertrauensvoll bewegen kann. Davon ausgehend kann der Reiter handeln, und dabei dem Pferd seine Bewegungsfreiheit lassen.
Aus dem Buch "Geheimnisse und Methoden eines grossen Meisters"