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Der erste Kontakt mit dem Pferd

Schlüsselwörter
REF HANB4, Sich einem Pferd nähern, das Pferd kennenlernen, Pferdepsychologie, mentale Verfassung des Pferdes
Débutant

Das Hauptziel ist die Herstellung des Vertrauens, weshalb es wichtig ist, so aufmerksam wie möglich zu sein, und den Gesamtüberblick zu behalten: Es gilt, gleichzeitig zu handeln und zu beobachten. Ich fasse es an, ich streichle es und rede mit ihm... und ich beobachte seine Reaktion.

Je positiver die Erfahrungen sind, desto günstiger werden die Reaktionen des Pferdes für eine gute Kommunikation mit dem Reiter und mit dem Menschen im Allgemeinen sein. Diese Logik kommt für alle Pferde zur Anwendung, auch für diejenigen, die für «böse» oder «schwierig» gehalten werden. Bei diesen muss ganz besonders zunächst dafür gesorgt werden, dass die schlechten Angewohnheiten verschwinden, indem Situationen vermieden werden, in denen die Gefahr des Konflikts besteht. Wenn man den Fehlern keine Bedeutung zumisst, werden sie nach und nach verschwinden. Wenn das Pferd keine Gelegenheit mehr hat, zu beißen oder zu schlagen, wird es vergessen, dass diese Haltung eine mögliche Reaktion ist.
Im Allgemeinen lassen sich Probleme nur mit Sanftheit und Ruhe lösen, denn Gewalt kommt bei Pferden stets wie ein Bumerang zurück. Wenn man ein Pferd schlägt, weil es nicht in den Lastwagen gehen will, wird sein Unwohlsein nur weiter verstärkt werden, was Nachwirk-ungen haben wird. Sei es beim Scheren, beim Striegeln, beim Nachgurten oder beim Verladen in einen Lastwagen... alle diese Erfahrungen müssen stets positiv abgeschlossen werden. Unab-hängig von seinen Zielen und den Beziehungen, die man zu dem Pferd hat, ist es unerlässlich, schrittweise vorzugehen: Wenn es nicht dazu in der Lage ist, dem Menschen an der Hand zu folgen, ist es normal, dass es sich weigern wird, in einen Lastwagen zu gehen. Wenn es den Striegel nicht erträgt, wird es sich noch viel weniger scheren lassen… Es ist ein Fehler, zu schnell vorgehen zu wollen. Es gilt hingegen, das Pferd allmählich daran zu gewöhnen, an der Hand mitzugehen, lassen Sie es neben sich grasen, lassen Sie es an der Longe Bodenstangen überqueren. Auf diese Weise werden Sie nach und nach sein Vertrauen gewinnen, um zu erreichen, dass es Ihnen folgt, wenn Sie in den Lastwagen gehen (...)

Das gleiche gilt für das Scheren: Streicheln Sie zunächst das Pferd am ganzen Körper. Erst wenn es keine Misstrauens- oder Angstreaktionen mehr zeigt, können Sie die Kardätsche und dann den Striegel einsetzen, und zum Schluss die Schermaschine.
Nun werden Sie mir entgegnen: «Ist ja schön und gut, aber dafür habe ich keine Zeit.» Daraufhin antworte ich ihnen: «Wenn das Pferd die schlechte Behandlung, die Sie ihm zukommen lassen, an Sie zurückgibt, besteht
die Gefahr, dass Sie viel mehr Zeit verlieren werden, um die Folgen zu reparieren. Manche haben einen Gips davongetragen oder wurden gar einen Monat lang außer Gefecht gesetzt, weil sie die Dinge zu schnell machen wollten... Auch mir ist das passiert.
Das Zeitmaß ist bei Pferden sehr variabel. Nehmen Sie ein wider-spenstiges und sehr nervösen Pferd: Bei einer erfahrenen Person kann es innerhalb von fünf Minuten ruhig und gefügig werden. Bei einer ungeschickten Person wird sich hingegen sein Zustand noch weiter verschlimmern.
Man kann zunächst den Versuch im Alltagsleben machen... mit anderen Menschen. Angesichts einer wütenden Person amüsiere ich mich manchmal damit, auszuprobieren, wie lange es dauert, bis ich sie in gute Laune versetzen kann. Wenn ich beispielsweise auf eine Kassiererin stoße, die zu allen Kunden sehr unangenehm ist, stelle ich mich der folgenden Herausforderung: Sie zum Lächeln zu bringen. Im Allgemeinen klappt das sehr schnell. Man braucht nur den Betreffenden als einen guten Menschen zu betrachten, der ganz bestimmt seine Gründe hat, um schlecht gelaunt zu sein.
Das gleiche gilt für Pferde. Ein bisschen Mitgefühl reicht aus, um zu erreichen, dass sie ihre echte Natur wiederfinden. Genau wie uns muss ihnen das, was sie tun, Freude machen. Sie spüren, wenn alles gut klappt.

 

Aus dem Buch "Geheimnisse und Methoden eines grossen Meisters"

Video Länge: 
3 min